Hülle & Fülle

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Demnächst feiern wir wieder Erntedank und ehren damit die Freigiebigkeit der Natur, die uns seit Ewigkeiten mit vorzüglichen Köstlichkeiten versorgt. Reich beschenkt mit Früchten, Kräutern und Gemüse aus Feld und Garten, trotz Einbußen durch Schneckenplage und feuchtigkeitsbedingtem Pilzbefall, geht es ans Haltbarmachen und Wintervorrat anlegen.

Bei Inbetriebnahme unserer neuen Getreide-/Gewürzmühle stiegen da Gedankenwolken auf mit Inhalten in vielfältigsten Körnungsgrößen und Farben, mit mannigfaltigen Inhaltsstoffen, Texturen und Geschmäckern. Was sich da nicht alles zu feinem Pulver zerreiben ließe?! Dem grünen Gewissen bleibt man mittels photovoltaisch erzeugtem Strom auch nichts schuldig, also nichts wie ran an Dinkel, Kümmel und Brennnesselblätter. Wird der gute alte Mörser jetzt verstauben?

Laut Beschreibung des tollen Gerätes (KoMoMio, made in Austria) ist es allerdings nicht für Ölsaaten geeignet. Kein Mohn, keine Leinsamen und auch keine Sonnenblumenkerne haben hier also was verloren. Der minimal ölhaltige Kümmel rauschte durch wie nichts, heraus kam herrlich würzig duftendes Pulver, verdauungsfördernde Zutat für Gemüse- und Fleischgerichte. Die Brennnesselblätter ergaben ebenso ein herrlich grünes Pulver, reich an Eiweiß und Phytohormonen, selbstgemachtes Nahrungsergänzungsmittel als Beigabe zu Teigen für Gebäck und Eiernockerl. Und erst das wunderbare Vollkorn-Dinkelmehl! Frisch gemahlen enthält es noch viel mehr der gesunden Vitalstoffe als vorverpacktes Mehl aus dem Supermarkt.

Um fetthaltige Nüsse und Kerne zu zerkleinern, bedarf es dann doch wieder dem Einsatz von Körperkraft und Mörser oder von Hand gekurbelter Mohnmühle. Die liebgewonnene Getreidemühle würde verkleben, die Samenöle würden trotz gründlicher Reinigung der Mahlsteine ranzig werden und anderes Mahlgut verderben. Dennoch haben wir viel Freude mit dem neuen Gerät, denn immerhin erleichtert es die Aufbereitung vieler Rohstoffe, die sonst nur schwierig zu verarbeiten wären. Beim täglichen Griff zu frischem Brot und Gebäck macht man sich ja kaum Gedanken, was für eine Schinderei es für unsere broncezeitlichen Vorfahren bedeutete, die mickrigen Erträge der damals nutzbaren Urgetreide mühevollst anzubauen und zu ernten, vor mitnaschenden Schädlingen sicher aufzubewahren und dann stundenlang kniend auf Steinplatten zu Mehl zu zerreiben, das noch dazu wegen dem enthaltenen Steinabrieb den Zahnschmelz arg in Mitleidenschaft zog. Da haben wir es viel besser, sind gut mit vielfältigen Lebensmitteln versorgt und brauchen uns selten über Nachschub Gedanken machen.

Heuer lernten wir durch COVID-19 erstmals seit langer Zeit in unseren Breiten wieder einmal so etwas wie Versorgungsengpässe kennen und bekamen einen Hauch von Ahnung, was es heißt, nicht ständig alle Bedarfsgüter zur Verfügung zu haben. Ein halbes Jahr später haben wir angesichts der wieder eingekehrten Hülle und Fülle in den Geschäften, aber auch in unseren Gärten, schon fast die leeren Nudelregale wieder vergessen. Dank der reichlichen Regenfälle konnten Landwirte wieder gute Erträge einfahren, bei anderen wurden leider auch Kulturen durch Unwetter zerstört. Und trotz all dem Ungewissen fühlen wir uns gut versorgt, vertrauen wir auf den sozialen Zusammenhalt und unsere funktionierende Gesellschaft, hoffen darauf, dass die Verantwortlichen ihr bestes geben damit uns die Krise nicht über den Kopf wächst. All jenen, die bereits im Frühjahr während des Lockdowns Probleme mit der Situation hatten, möchte ich eine Blütenessenz ans Herz legen, die sehr gut zu diesem Thema passt…

Rotklee (Trofolium arvense)

Bereits im Jänner kam mir die Essenz des Rotklee immer wieder in die Quere, zog ich sie zu unpassenden Gelegenheiten und wusste, sie möchte mir etwas sagen. Als dann die Verwirrung um die unzähligen Informationen über das Corona-Virus, die Ungewissheit über Situationen im täglichen Leben und der Frust über das Gefühl des Ausgeliefert-seins um sich griffen, wusste ich weshalb der Rotklee bereits im Winter um Aufmerksamkeit gebettelt hatte, denn genau das sind die Themen dieser Blütenessenz: die Emotionen der verunsicherten Menschenmenge!

Distanz zur aufgebrachten Menge - gibt innere Ruhe, Zentriertheit und Abgrenzung, wenn man von Hektik, Hysterie und Panik umgeben ist und um seine Existenz fürchtet. Bei Ängsten, erzeugt durch Menschenmengen und deren Massenemotionen (Aufstände, Umweltkatastrophen, Pandemie)

Der Rotklee zählt ebenfalls zu jenen in Massen angebauten Kulturpflanzen, die uns (oder unsere Nutztiere) ernähren, stammt aus der Hülsenfrüchtler-Familie, die uns mit wertvollem pflanzlichen Eiweiß versorgt. Wie Soja in Asien wird bei uns Rotklee als wertvolle Futterpflanze angebaut. Bei ungünstigen Bedingungen kann es jedoch passieren, dass Rinder den Klee im Pansen schlecht vergären und daran sogar sterben. Den Leguminosen eigen ist die Fähigkeit, mithilfe von Knöllchenbakterien an den Wurzeln den Luft-Stickstoff zu sammeln. Dadurch erreicht die Pflanze kräftiges Wachstum, einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, aber auch als Nahrung für das Bodenleben in Form von Gründüngung. Das kräftige Wurzelsystem reicht bis in 2 Meter Tiefe, verzweigt sich, lockert den Boden und hilft dem Klee, sich zu verbreiten. Eine weitere Parallele zu Soja sind die enthaltenen Phytoestrogene, hormonwirksame Substanzen, die Frauen bei Wechselbeschwerden unterstützen können, wie Stimmumgsschwankungen oder Hitzewallungen.

Wer hat nicht schon einmal die winzigen einzelnen nektarreichen  Blüten gezupft und ausgesaugt? Um die Blüte durch die schmale Röhre mittels Saugrüssel bestäuben zu können, bedarf es bestimmter Hummelarten, deren Körperbau mit der Form der Blüte zusammenpasst. Durch den massiven Rückgang von geeigneten Bestäuberinsekten muss man in Neuseeland sogar Hummeln importieren, damit der Rotklee zur Samenreife gelangt. Hingegen baut man für die heimische Imkerei Kleesorten mit kürzerer Blütenröhre an.

Hier treffen also einige Informationen zusammen, die das Wesen des Rotklee ausmachen: das Vorkommen als Ackerpflanze, massenhaft wie eine riesige Menschenmenge, die roten hitzigen Blütenköpfe. Inhalte, die unter Umständen falsch verdaut werden und sich zu etwas Bedrohlichem aufblähen. Hitzige Gefühle und körperliche Reaktionen, die man nicht ganz im Griff hat. Bedrohte Natur, die nur mehr funktioniert, wenn man künstlich nachhilft. Und noch etwas Interessantes: Klee ist sehr robust und kommt ganz gut ohne chemische „Unterstützung“ in Form von Pestiziden aus – vielleicht ein Hinweis darauf, dass unsere Gesellschaft ebenso ganz gut ohne Chemie zurecht kommt, solang wir uns gegenseitig unterstützen. Gutes Gelingen wünsche ich uns allen dabei – und viel Glück!

Edith Weiss

Edith Weiss

Grüner gehts nicht!

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