Mehr Licht!

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Die Tage werden merkbar länger, das Stimmungsbarometer steigt gleich mit und kündet vom nahen Ende des Winters – es sei denn, heute scheint die Sonne…

Goethe´s Farbenlehre

Bevor der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe im März 1832 an einem Herzinfarkt verstarb, verlangte er angeblich nach mehr Licht (andere behaupten viel profaneres, nämlich den Nachttopf). Zumindest lässt sich nicht bestreiten, dass wir dem großen Naturforscher die Farbenlehre verdanken. Goethe beschäftigte sich also mit dem Licht, dessen „Bestandteilen“, den Farben, die wir wahrnehmen, wenn sich das Licht mithilfe von Prismen in seine Bestandteile zu bunten Regenbögen spaltet. Für ihn war auch die Wirkung der unterschiedlichen Farben auf unsere Psyche interessant. So ordnete er den verschiedenen Abstufungungen Gemütszustände zu, wie man es noch immer in Farbtherapie und zu Designzwecken anwendet. Farben wecken nun einmal Emotionen, ein spannender Gedanke ergibt sich, wenn man davon ausgeht, dass im scheinbar weißen Tageslicht alle Farben und somit alle Gefühlslagen versammelt sind…

Schneeschmelze

Wenn der Bär auf Lichtmess seinen Schatten sieht, kriecht er wieder auf vierzig Tage in die Höhle.

Zum Fest Maria Lichtmess feiert man seit ewigen Zeiten die nun spürbar länger werdenden Tage, die damit gesteigerte Aktivität der Wildtiere und der Menschen, die Hoffnung auf den wiederkehrenden Frühling. Zahlreiche Bräuche ranken sich um diesen wichtigen Lostag, an dem die Kräfte des Lichts gefeiert werden. Ein Blick in die nahe  Zukunft wird gewagt, um die Ankunft des Frühlings einschätzen zu können. In Nordamerika belästigt man zu diesem Zweck ein Murmeltier, zerrt es aus dem kuscheligen Winterschlafquartier und beobachtet ob das putzige Tier schlaftrunken in die Sonne blinzelt oder ob der Himmel bedeckt ist. Sieht es seinen Schatten, so kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit mit erneutem Wintereinbruch rechnen und für die nächsten 6 Wochen die Frühlingsgefühle auf Eis legen. Für unsere Ahnen war dies gewiss eine sehr wichtige Feststellung, wollte man sich die Wintervorräte rationieren, damit sie bis zum ersten frischen Grün auslangten. Ob derartige phänologische Beobachtungen weiterhin auch trotz Klimawandel ihre Gültigkeit haben, darf jeder gerne im Selbstversuch beobachten.

Ein weiterer Brauch zu dieser Zeit ist der Blasius-Segen, den der Priester am 3. Februar erteilt, zwei gekreuzte brennende Kerzen haltend. „Der Herr bewahre dich vor Halskrankheiten und allem Übel“ lautet der Segensspruch, entlehnt Bischof Blasius, der im frühen 4. Jahrhundert einen jungen Mann rettete, der an einer Fischgräte zu ersticken drohte. Dabei muss ich gleich an die nahende 40tägige Fastenzeit denken, die dem ausgelassenen Faschingstreiben folgt, denn mitunter erhalten die Gläubigen zugleich mit dem Blasiussegen auch das Aschenkreuz auf der Stirn. Die gekreuzten Kerzen erinnern mich an die irischen „St. Brigid´s crosses“, die zum keltischen Fest Imbolc am 1. Februar aus Binsen geflochten werden und uralten Sonnensymbolen wie der hinduistischen Swastika ähneln. Die Binsen-Kreuze werden über der Tür angebracht als Glücksbringer, Haussegen und Schutz vor bösen Geistern. Übrigens lasst sich das weiche Mark aus Binsenstängeln vorsichtig herauslösen und als Docht für eine Öllampe verwenden – womit wir schon wieder beim Thema Licht landen!

St. Brigid´s cross
 
 

Wenn man sich viel draußen aufhält, merkt man ganz deutlich, dass die Tage schon wieder länger werden, dass die Vögel sich anders verhalten, anders zwitschern und rufen, bereits mit dem Nestbau und der Partnersuche beschäftigt sind. Noch ist es oft eisig kalt, doch bald warm genug, dass etwa die Kolkraben bereits ab Mitte Februar mit der Brut beginnen. Die Sonne steigt am Horizont schon wieder höher und hat mehr Kraft, die Schatten werden kürzer und lassen den Schnee schmelzen. Kein Wunder, dass man zu dieser Jahreszeit ein Fest ansetzte, das die Halbzeit zwischen Wintersonnwende und Frühlings-Tagundnachtgleiche markierte.

Zu Weihnachten um einen Muckenschritt, zu Neujahr um einen Hahnentritt, zu Dreikönig um einen Hirschensprung, zu Lichtmess um eine ganze Stund.

Die nordischen Völker verehrten den Sonnengott umso mehr, schwankt doch die verfügbare Tageslichtmenge in ihren Breiten enorm. Lange helle Mittsommernächte und kaum vorhandenes Sonnenlicht während der Polarnacht bringen den Melatoninhaushalt gewaltig durcheinander, Schlafmangel und Depressionen können Folgen sein. Kein Wunder also, dass Finnland den weltweit höchsten Kaffeeverbrauch aufweist und auch bei den Selbstmordraten leider die Nase vorn hat. Der Mensch entstand nun einmal evolutionär in Regionen viel näher am Äquator und ist für gemäßigtere Lichtverhältnisse geschaffen. Aber mit  Einfallsreichtum passt man sich auch an diese ungünstigen Situationen an. In unseren mitteleuropäischen  Breitengraden werden wir sogar mit etwas Abwechslung belohnt, dem spannenden ewigen Kreislauf der Jahreszeiten.

Viele Menschen mit intensivem Kontakt zur Natur sind in den Jahreskreislauf fest eingebunden, gehen mit dem Rhythmus der Natur mit, können gar nicht anders, als auf die äußeren Einflüsse mit Wetterfühligkeit, Stimmungsschwankungen, vermehrter oder verminderter Aktivität, Phasen der Innenschau oder der Euphorie zu reagieren. Launenhaft wie das Wetter und im Auf und Ab der Anzahl an verfügbaren Sonnenstunden, im Einklang mit den Eindrücken von Innen und Außen. In unserer Zivilisation leben jedoch weit mehr Menschen in einem rundum versorgten Milieu aus künstlicher Beleuchtung und Fernwärme, im  Singlehaushalt mit gut gedecktem Tisch – und dennoch fehlt ihnen etwas! 

Die fehlende Einflussnahme von außen, von wilder Natur, Sonne & Wind, Kälte & Wärme oder der Konfrontation mit anderen Menschen führt zu Defiziten. Eine Leere, die sich auch mit noch so vielen Konsumgütern nicht füllen lässt. Im Gegenteil, das Übermaß an technisch generierten Sinneseindrücken und materiellen musthaves überfordert unseren Geist, lässt uns ausbrennen. Eine Barriere, ein Torwächter wäre nicht schlecht! In alten Zeiten konsumierten Henker angeblich ein Heilkraut, um sich abschotten zu können vor den Schicksalen der ihnen anvertrauten. Die Rede ist vom Baldrian, von dem man weiß, dass er die Nerven beruhigt und die Katzen anlockt. Ein Kraut, das dem germanischen Gott Balder geweiht war, der die Sonne verkörpert, für Glück und Schönheit steht und insbesondere zu den Sonnwendfesten geehrt wurde. Durch Balder, oder besser gesagt die Sonne, kommt das Licht in die Welt, spendet schier unendliche Energie, Licht und Wärme.

Baldrian

Valeriana officinalis

Selbstfindung, starkes EgoSelbstannahme und daraus folgend Hilfe annehmen können, das wahre Ich und die eigenen Bedürfnisse wiederentdecken, zu sich selbst finden. Löst Ängste und Blockaden aus einer Kindheit mit Mangel an Zuwendung oder zu viel davon, sodass man nie durch hinfallen lernen konnte, auf eigenen Beinen zu stehen.

Ein großes Geschenk, man selbst sein zu dürfen, trotz Einflüssen von außen. Ganz bei sich sein zu dürfen, im Licht der eigenen inneren Sonne. Große Kunst, innerlich geerdet zu sein und zugleich nach außen zu strahlen wie der Mittelpunkt des Universums.

Edith Weiss

Edith Weiss

Grüner gehts nicht!

2 Gedanken zu „Mehr Licht!“

  1. Hallo Edith,
    Ich bin durch Andrea auf deine Seite aufmerksam geworden. Ich bin begeistert und gratuliere dir zu dieser schönen Homepage!
    Superschöne Fotos, sehr viel Informatives über die Natur!
    Dein sicheres und umfangreich Wissen hat mich in den englischen Gärten schon beeindruckt. Habe große Lust, dich und deinen Schaugarten – im Frühling -Sommer – zu besuchen.
    Wünsche dir weiterhin viele Ideen und Erfolg in deinem Tun!!
    Alles Liebe von Elisabeth Lobe
    und Grüße aus dem Innviertel

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    • Liebe Elisabeth,
      freut mich sehr, hier von dir zu lesen! Herzlichen Dank für deine netten Worte. Natürlich würde es mich sehr freuen, wenn wir uns heuer persönlich wieder einmal begegnen!
      Alles Liebe, Edith

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